Nach Brandserie in Leipzig-Gohlis: Knapp vier Jahre Haft für 38-Jährigen

Nach einer Brandserie in Leipzig-Gohlis muss ein 38-Jähriger für fast vier Jahre ins Gefängnis. Einen Teil der Taten gestand er vor Gericht. Doch in einigen Fällen fehlte es bis zum Schluss an Beweisen.

Er hat zumindest teilweise gestanden und muss nun hinter Gitter: Der Leipziger Lars R. (38) ist im Zusammenhang mit der Brandserie vor mehr als zwei Jahren im Stadtteil Gohlis zu knapp vier Jahren Haft verurteilt worden. Der Vater eines erwachsenen Sohnes hatte in dem seit 20. Oktober laufenden Prozess eingeräumt, aus Frust und unter Alkoholeinfluss gezündelt zu haben.

Die Brände ereigneten sich im Juni und Juli 2021, sorgten für erhebliche Verunsicherung und Angst bei Anwohnern. Die Staatsanwaltschaft brachte 14 Fälle mit rund 25 beschädigten Fahrzeugen zur Anklage. Der dabei entstandene Gesamtschaden liegt demnach im Bereich einer halben Million Euro.

Frustriert zur Flasche gegriffen und gezündelt

Der gelernte Brauer und Mälzer bekannte sich zu acht Taten, darunter auch eine Brandserie in der Nacht vom 16. zum 17. Juni 2021. Allein zwischen 23.15 und 3.40 Uhr gingen mehrere Lkw und Pkw in Flammen auf, der Schaden lag damals im sechsstelligen Bereich. Für die Kripo-Ermittler war das damals ein großer Fall, es wurde sogar eine eigene Ermittlungsgruppe mit Unterstützung von Landeskriminalamt, Bereitschaftspolizei und Bundespolizei gebildet. Mitte Juli klickten bei Lars R. die Handschellen, den Erlass eines Haftbefehls lehnte der zuständige Ermittlungsrichter aber ab.

Wie der Angeklagte schilderte, sei er in Corona-Zeiten wegen der Erkrankung seines Sohnes (18) von Quarantäne betroffen gewesen und habe frustriert zur Flasche gegriffen. Die Fahrzeuge habe er dann willkürlich angezündet. Bei Familie und Bekanntenkreis von Lars R. zeigte man sich überrascht, da der 38-Jährige stets als ruhig und vernünftig galt, nie gewalttätig geworden sei. Allerdings soll er schon seit längerer Zeit Probleme mit seinem Alkoholkonsum gehabt haben. Der forensische Psychiater Matthias Lammel, der für das Gericht ein Gutachten erstellte, sprach davon, dass Lars R. als Mitarbeiter einer Brauerei pro Halbjahr 32 Kisten an Getränken als Deputat erhalten hätte. Nach eigenen Angaben trank er täglich acht Flaschen Bier, am Wochenende auch schon mal mehr.

Schwierige Beweislage bei einem Teil der Brandstiftungen

Auf Anraten seines Verteidigers Stephan Flemming absolvierte er inzwischen eine Entgiftungs- und Entwöhnungstherapie, trinke jetzt nur noch maßvoll. Aus diesem Grund sah das Gericht auch davon ab, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anzuordnen, wie das sonst bei Fällen mit massiver Alkoholbeeinflussung getan wird.

Mit dem Teilgeständnis des Angeklagten konnte zumindest ein großer Teil der Brandserie aufgeklärt werden. Das Gericht hatte im Prozess mit unzähligen Akten, Videoanalysen, Sachverständigengutachten und Zeugenvernehmungen umfangreiches Material zu sichten. Doch die Beweislage ließ bis zum Schluss in einigen Punkten Fragen offen. Daher wurde Lars R. in einigen der angeklagten Fälle, die zeitlich und räumlich in die Serie passen, freigesprochen. Ein Tatnachweis war hier aus Sicht der 8. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Rüdiger Harr nicht möglich. Der Angeklagte hatte sich dazu auch nicht geäußert.

Am Ende gab es für Lars R. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten. Die Richter sahen vier Fälle der vorsätzlichen Brandstiftung als erwiesen an, in weiteren Fällen blieb es beim Versuch. Die Staatsanwaltschaft forderte am Ende des Prozesses fünf Jahre Haft. Die Verteidigung plädierte hingegen auf zwei Jahre, ausgesetzt zur Bewährung.


Prozess um Brandserie in Leipzig-Gohlis: Angeklagter schweigt zu Motiv

Ein 38-jähriger Leipziger steht seit Freitag wegen einer massiven Brandserie im Juni und Juli 2021 in Gohlis vor Gericht. Der verursachte Schaden: rund eine halbe Million Euro.

Es waren Nächte voller Angst und Unruhe: Im Juni und Juli 2021 ließ eine massive Serie von Brandstiftungen die Einwohner von Leipzig-Gohlis nicht mehr ruhig schlafen. Mehr als zwei Jahre danach begann am Freitag am Landgericht der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter. Wer gehofft hatte, etwas zu den Motiven des bislang unbescholtenen Leipzigers zu erfahren, wurde allerdings enttäuscht: Lars R. (38) schwieg am ersten Verhandlungstag, will sich später äußern.

Es war am 16. Juni 2021 gegen 23.15 Uhr, als der Angeklagte nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft das erste Mal zuschlug. In der Sylter Straße gingen ein Lkw und ein daneben geparkter Pkw Mazda in Flammen auf. Der Gesamtschaden: mehr als 47.000 Euro. Nur wenig später, gegen 0.20 Uhr, soll Lars R. in der Max-Liebermann-Straße den Lastwagen einer Speditionsfirma angezündet haben. Weil jedoch das Feuer rasch gelöscht werden konnte, sei der Angeklagte gegen 3.40 Uhr zurückgekehrt und habe erneut an einer Radabdeckung gezündelt.

Scheinbar willkürlich Fahrzeuge in Gohlis abgefackelt

Zwischendurch soll der gelernte Brauer und Mälzer in jener Nacht noch den Smart einer Reinigungsfima in der Herloßsohnstraße, einen Fiat-Transporter in der Hans-Oster-Straße und einen VW Touareg in der Weinligstraße angezündet haben. Gegen 2 Uhr brannten zwei weitere Lkw und ein Wohnmobil in der Franz-Mehring-Straße aus, drei in der Nähe geparkten Pkw wurden beschädigt – Schaden allein hier: mehr als 65.000 Euro.

Auch in den folgenden Nächten soll der mutmaßliche Serientäter scheinbar willkürlich Fahrzeuge abgefackelt haben. Am 24. Juni habe er in der Landsberger Straße einen Gesamtschaden in Höhe von mehr als 119.000 Euro angerichtet, als ein Lkw und drei Pkw ausbrannten, schilderte Staatsanwältin Karin Schultrich. Die letzte angeklagte Brandstiftung ereignete sich am 18. Juli, als ein Feuer den Lkw eines Fuhrunternehmens im Wert von knapp 100.000 Euro zerstörte.

Insgesamt legt die Anklagebehörde Lars R. 14 Fälle mit rund 25 beschädigten Fahrzeugen zur Last. Der Gesamtschaden liegt im Bereich einer halben Million Euro.

Angeklagter muss mit mehreren Jahren Haft rechnen

Die Polizei jagte den Täter damals mit Hochdruck, bildete sogar eine spezielle Ermittlungsgruppe mit Unterstützung von Landeskriminalamt, Bereitschaftspolizei und Bundespolizei. Mitte Juli konnte der Tatverdächtige gefasst werden. Den Erlass eines Haftbefehls lehnte der zuständige Ermittlungsrichter damals jedoch ab. „Die Ermittlungen waren sehr umfangreich und detailliert“, lobte der Vorsitzende Richter Rüdiger Harr.

Zwei Kisten voller Akten, Videoanalysen, Sachverständigengutachten und Zeugenvernehmungen – in dem bis zum 7. Dezember geplanten Prozess hat die 8. Strafkammer eine Menge Material aufzuarbeiten. Zumal die Beweislage nicht unbedingt unumstritten ist. Zumindest teilweise sei diese recht dürftig, sagte Verteidiger Stephan Flemming. Gleichwohl muss der Angeklagte im Falle einer Verurteilung mit einer Haftstrafe von etwa vier Jahren rechnen. Eine Bewährungsstrafe, wie von dem sozial und beruflich im Leben stehenden Lars R. offenbar erhofft, sei nicht vorstellbar.

Für Betroffene der Brandserie wie Bernd L. (69) ist ein Urteil ohnehin zweitrangig. Er war Geschäftsführer eines Dienstleistungsbetriebs, als am 18. Juni in der Bleichertstraße ein Lkw seiner Firma in Flammen aufging – Schaden: rund 39.000 Euro. „Es kam deshalb zu Ausfällen bei der Belieferung von Kunden“, sagte er gegenüber der LVZ. Danach habe man sämtliche Firmenfahrzeuge aus Gohlis abgezogen. Warum sind er und seine Frau zum Prozessauftakt ins Landgericht gekommen?

„Wir wollen vor allem erfahren, warum er das getan hat. Was ihn getrieben hat, so viele Leute zu schädigen.“